✨ Meine Hunde – eine warmherzige Lebensgeschichte ✨(Bonny)

Bonny – unsere Grand Madame mit Zucker im Herzen

Bonny zog im Oktober 2012 bei uns ein. Eine etwa dreijährige Galga aus dem spanischen Tierschutz, aus derselben Pflegestelle wie Mira. Ich hatte ihr Foto gesehen, und irgendetwas darin blieb hängen. Nicht laut, nicht aufdringlich. Eher wie ein leichter Stoß in eine Richtung, die ich noch nicht kannte. Eigentlich war der Zeitpunkt nicht ideal. Mira war gerade erst da, voller Unsicherheiten und Themen, die uns forderten und ehrlich gesagt auch überforderten. Wir hatten genug zu tun. Eigentlich.

Trotzdem füllte ich den Adoptionsantrag aus. Aus Angst vor einem Nein sogar hinter dem Rücken meines Mannes. Nicht, weil ich Recht behalten wollte, sondern weil ich das Gefühl hatte, dass Bonny ein Teil von uns werden musste, bevor wir es überhaupt verstanden. Heute weiß ich: Er hätte kein Nein gesagt. Damals war vieles noch wackelig – als Paar und als Menschen in dieser Verantwortung. Und vielleicht brauchten wir sie mehr, als wir wussten.

Bonny hatte in Spanien in einem Erdloch mit ihren Welpen überlebt, bevor man sie fand. Gemeinsam mit ihren Welpen kam sie nach Deutschland auf eine PS. Auch Mira und ihr Bruder Morgan waren dort später gelandet. Dreißig Hunde, zwei Würfe, dauernde Bewegung. Und mittendrin diese Hündin, die fast unsichtbar blieb. Nicht, weil sie sich versteckte, sondern weil sie niemandem etwas bewies. Sie nahm keinen Raum – sie war Raum. Und das fiel nicht jedem auf.

Bei uns trat sie ein und nahm ihren Platz ein, ohne darum zu bitten. Kein Anspruch, keine Unsicherheit, kein „Darf ich?“. Sie war einfach da. Gefestigt. Klar. Eine Hündin, die wusste, wer sie war – ohne Lautstärke. Sie liebte Routinen, feste Abläufe, Struktur. Nicht pedantisch, sondern verlässlich. Vielleicht, weil vorher so wenig davon da war. Vielleicht, weil sie einfach so gestrickt war.

Bonny war eine Visionärin. Nicht im spirituellen Sinn, sondern im sozialen. Sie ordnete Räume. Hunde sortierten sich an ihr. Nicht, weil sie das forderte, sondern weil es sich ergab. Sie führte aus der Mitte, ohne vorne laufen zu müssen. Sie brauchte keine Bestätigung, keine Rückversicherung. Wenn sie überzeugt war, stand sie. Wenn sie nicht überzeugt war, war sie unverrückbar. Diese Haltung war keine Härte. Es war Klarheit.

Das hatte zwei Seiten: In Hundebegegnungen konnte sie Stimmung machen, wenn die Energie nicht passte. Nicht aus Unsicherheit, sondern aus Bewertung. „Das hier stimmt nicht.“ – und dann sagte sie das. Für sie war das konsequent. Für uns manchmal Arbeit. Sie brauchte verlässliche Führung, aber keine Korrektur. Sie wollte sich anlehnen, nicht klein gemacht werden. Wenn Führung im Außen fehlte, übernahm sie. Nicht, um zu dominieren, sondern um Stabilität zu schaffen.

Sie war unsere ruhende Mitte. Der Hund, der den Raum sortierte, ohne ihn zu verändern. Der Hund, der uns hielt, wenn wir nicht wussten, wie. Der Hund, der Struktur nicht suchte, sondern brachte. Mit ihr lernte ich etwas, das ich vorher nicht greifen konnte: Man muss nicht jeden Hund führen. Manchmal muss man jemanden einfach gewähren lassen, weil er es kann.

Am 09.03.2021 mussten wir sie gehen lassen. Und anders als ich es mir für sie gewünscht hätte, war dieser Abschied nicht ruhig. Er war dramatisch. Es gab einen Moment, in dem ich heute weiß, dass ich hätte eingreifen müssen. Eine Entscheidung, die nicht getroffen wurde. Oder zu spät. Ich mache mir bis heute Vorwürfe dafür, dass ich dieser Tierärztin vertraut habe, statt für Bonny aufzustehen, so wie sie es ihr Leben lang für uns getan hat.

Dieser Tag hat uns aus der Bahn geworfen. Es war nicht nur ihr Fehlen, das den Raum veränderte – es war die Art, wie es passiert ist. Danach war es still. Nicht friedlich still. Sondern eine Stille, die wie ein Gewicht im Haus lag. Wir alle spürten es. Diese Leere war nicht einfach Trauer, sondern etwas, das uns erst einmal hat stehenlassen, ohne weiterzugehen.

Es hat gedauert, bis wir uns davon erholt haben. Bis wieder Alltag entstand. Bis wir wieder atmen konnten, ohne dass es sich falsch anfühlt. Es gibt kein „richtig“ in so einer Situation. Kein schönes Ende. Nur ein Weiter. Und irgendwann, viel später, die Möglichkeit, Erinnerung zuzulassen, ohne in diesem Tag zu landen.

Bonny fehlt. Nicht laut. Sondern an den Stellen, an denen es vorher selbstverständlich war, dass etwas gehalten wird. Wenn ich heute an sie denke, denke ich daran, wie die anderen Hunde sich unbewusst an ihr orientierten. Daran, wie selbstverständlich sie war. Ich frage mich nicht, ob ich genug für sie war. Die Frage stellt sich nicht. Was bleibt, ist eher ein stilles: „Danke.“

Bonny – unsere Grand Madame.
Leaderin der sozialen Mitte.
Unsere Königin der Stille.

Keine Lautstärke.
Keine Erklärung.
Nur Präsenz.